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Teil 1

„IM GEIST UND IN DER WAHRHEIT“ ANBETEN (JOHANNES 4:23, 24)

    1. Einleitung
    Als Jesus Christus sich mit einer Samariterin unterhielt, kam er auf ein Thema zu sprechen, das nicht nur die Samariterin betraf, sondern Bedeutung für alle Christen haben sollte, die zu irgendeiner späteren Zeit und an irgendeinem Ort der Erde leben sollten. Bezüglich der Anbetung seines himmlischen Vaters setzte er einen Maßstab, den jeder beachten muss, wenn er sicher gehen möchte, dass seine Anbetung Gott, dem Allmächtigen, angenehm ist. Wenn Christen diesen Maßstab beachten, erübrigen sich viele spitzfindige Auseinandersetzungen bezüglich einzelner, unterschiedlicher Glaubensauffassungen, die schon zu so viel Uneinigkeit und Streit geführt haben.
    Was ist dieser Maßstab? „Doch es wird die Zeit kommen – sie hat sogar schon angefangen –, wo die wahren Anbeter den Vater in Geist und Wahrhaftigkeit anbeten. Von solchen Menschen will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und die, die ihn anbeten wollen, müssen dabei von seinem Geist bestimmt und von Wahrheit erfüllt sein.“ sagte Jesus Christus gemäß Johannes 4:23 und 24 (*). Gott, unser Vater im Himmel, erwartet also, dass wir ihn einerseits „im Geist“ und „in der Wahrheit“ anbeten. Manche Übersetzungen gebrauchen etwas beschreibender Formulierungen wie „von seinem Geist erfüllt und in seiner Wahrheit leben“ (Hoffnung für alle) oder „vom Geist erfüllt und die Wahrheit erkannt“ (Neue Genfer Übersetzung).
    Es lohnt sich, sich mit diesen von Gottes Sohn genannten Voraussetzungen näher auseinanderzusetzen. Diese Erörterung wird sich zunächst mit der zweiten von Jesus genannten Voraussetzung befassen – die Anbetung „in der Wahrheit“, da es leichter ist, diese biblisch zu erläutern. Die zuerst erwähnte Voraussetzung – „im Geist“ – wird in einem separaten Artikel erörtert werden.

    2. „Mit Wahrheit“ anbeten
    Was bedeutet es, Gott „im Geist“ oder „in der Wahrheit“ anzubeten? Dazu muss zunächst klar sein, was Gottes Wort unter dieser „Wahrheit“ versteht. Christen stellen nicht wie Pontius Pilatus zynisch die Frage „Wahrheit, was ist das schon?“, weil sie etwa der Ansicht sind, es gebe keine wirkliche Wahrheit. (Johannes 18:38 *)

    3. Gottes Wort ist Wahrheit
    Die Wahrheit, von der Jesus Christus sprach, ist in der Bibel klar definiert. Jesus sagte zu seinem Vater im Gebet:„Mach sie durch die Wahrheit zu Menschen, die ganz für dich da sind! Dein Wort ist Wahrheit“ (Johannes 17:17 *).
    Zu der Zeit, als Jesus diese Worte im Gebet äußerte, gab es nur die Hebräischen Schriften (das Alte Testament) als geschriebenes Wort Gottes. Sicher hat Jesus auch diese Schriften mit seiner Aussage „dein Wort“ gemeint. Aber bestimmt nicht nur. Buchstäblich „Gottes Wort“ waren auch die Worte, die Gott selbst zu seinem Sohn sprach. (Vergleiche z.B. Lukas 9:35; weiter unten zitiert.) Dazu gezählt werden müssen auch alle Lehren Jesu, der gemäß dem Evangelisten Johannes in Kapitel 1 Vers 1 und 14 „das Wort“ Gottes ist. Auch Jesus Christus selbst bestätigte, dass seine Lehren Gottes Wort sind:
    „Wer mich verachtet und nicht annimmt, was ich sage, hat seinen Richter schon gefunden: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn an jenem letzten Tag verurteilen. Denn ich habe ja nicht aus eigener Vollmacht gesprochen, sondern aus der meines Vaters. Er hat mich gesandt und mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll. Und ich weiß, dass sein Auftrag das ewige Leben bringt. Ich gebe euch also genau das weiter, was mir der Vater gesagt hat."“ (Johannes 12:48-50 *). „Wer mich liebt", gab Jesus ihm zur Antwort, "wird sich nach meinen Worten richten. Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden kommen und bei ihm wohnen. Wer mich nicht liebt, wird sich nicht nach meinen Worten richten – und dabei kommt das Wort, das ihr hört, nicht einmal von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.“ (Johannes 14:23, 24 *).
    Die Worte Jesu, wie in den Evangelien aufgezeichnet, sind also eindeutig gleichzeitig die Worte seines Vaters. Jesu Lehren müssen daher mit einbezogen werden, wenn man Jesu Aussage, „dein Wort ist Wahrheit“, verstehen möchte. Darüber hinaus hat Jesus versprochen, dass das „Wort Gottes“ nach seiner Auferstehung weiter vervollständigt werden würde: „Wenn dann der Beistand gekommen ist, wird er mein Zeuge sein. Es ist der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht. Ich werde ihn zu euch senden, wenn ich beim Vater bin. Aber auch ihr seid meine Zeugen, weil ihr von Anfang an bei mir gewesen seid.“ (Johannes 15:26, 27 *).
    „Ich hätte euch noch so viel zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht tragen. Wenn dann jedoch der Geist der Wahrheit gekommen ist, wird er euch zum vollen Verständnis der Wahrheit führen. Denn er wird nicht seine eigenen Anschauungen vertreten, sondern euch nur sagen, was er ‹von mir› hören wird, und euch verkünden, was dann geschieht.“ (Johannes 16:12, 13 *).
    Die Jünger Jesu durften also mit Recht davon ausgehen, dass Jesus nach seiner Auferstehung veranlassen würde, das „Wort Gottes“ durch den „Geist der Wahrheit“ zu vervollständigen. Das bezog sich auf das von den Aposteln verkündete mündliche „Wort Gottes“ als auch auf das schriftlich niedergeschriebene „Wort Gottes“ im Neuen Testament. Dass diese Schlussfolgerung biblisch ist, bestätigen die zahlreichen Aussagen in der Apostelgeschichte und in den inspirierten Briefen des Neuen Testaments, wo immer wieder auf „das Wort“ Bezug genommen wird. Nur einige wenige Beispiele dafür sind Apostelgeschichte 17:13, Epheser 1:13 und 1. Thessalonicher 2:13.
    Wenn Jesus also betete „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit“, so meint er für uns insbesondere Gottes geschriebenes Wort, die Bibel einschließlich des Neuen Testaments: Dieses Wort Gottes enthält bzw. ist die Wahrheit. Diese Erkenntnis ist grundlegend, da Christen, wie Jesus sagte, durch diese Wahrheit geheiligt werden, d.h. Gott annehmbar werden können.

    4. Jesus Christus – die Wahrheit
    Zu seinem Apostel Thomas sagte Jesus Christus:
    „Ich bin der Weg!", antwortete Jesus. "Ich bin die Wahrheit und das Leben! Zum Vater kommt man nur durch mich.“ (Johannes 14:6 *). Wenn sich Jesus selbst als „die Wahrheit“ bezeichnet, so ist es für seine Nachfolger – alle Christen – unerlässlich, das auch anzuerkennen und seine Aussagen und seine Person als Maßstab für die Findung der „Wahrheit“ zu betrachten.
    Jesus hat sich nicht selbstherrlich zur „Wahrheit“ erklärt. Sein eigener Vater und Gott sagte: „Das ist mein Sohn, der Auserwählte. Hört auf ihn!“ (Lukas 9:35 *).
    Kraft dieser Autorität, die ihm sein Vater verliehen hat, konnte er berechtigterweise sagen: „Doch ich kenne ihn, weil ich von ihm bin. Er ist es, der mich gesandt hat.“ (Johannes 7:29 *).
    Auch der Apostel Paulus hat uneingeschränkt anerkannt und festgestellt, dass Jesus der Maßstab aller Wahrheit ist, die Gott uns vermitteln möchte: „Denn in ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. Ich sage das, damit euch niemand durch seine Überredungskünste zu Trugschlüssen verleitet.“ (Kolosser 2:3, 4 *).
    Diese „Schätze der Weisheit und Erkenntnis“, die wir nur durch Jesus Christus sozusagen „heben“ können, müssen wir erfassen, wenn unsere Anbetung unserem Vater im Himmel annehmbar sein soll. Der Apostel Johannes wies in der Einführung seines Evangeliumsberichtes in Johannes 1:17 (*) darauf hin, dass „die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus ‹in die Welt›“.

    5. Die Wahrheit, die frei macht, hoch schätzen
    Diese Wahrheit ist weder undefinierbar noch unbegreifbar. Vielmehr ist sie für das Glück eines Christen unverzichtbar, denn Jesus stellte fest: „Dann sagte Jesus zu den Juden, die an ihn geglaubt hatten: "Wenn ihr bei dem bleibt, was ich euch gesagt habe, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8:31, 32 *). Da wir die Wahrheit erkennen können, können wir auch in die Lage versetzt werden, den allein wahren Gott „mit Wahrheit“ anzubeten und ihm dadurch wohlgefällig zu sein. Die Wahrheit und das daraus resultierende gute Verhältnis zu Gott macht Menschen wirklich frei – frei von Unsicherheit, Furcht und Irrtum. Diese frei machende Wahrheit muss deshalb geschätzt, behütet und verteidigt werden!

    Was die „Verteidigung“ der Wahrheit betrifft, allerdings ein Wort zur Vorsicht und Mahnung. Wie unten unter „Die Wahrheit und Dogmatismus“ ausgeführt muss unterschieden werden zwischen Aussagen der Schrift, die klar verständlich sind und nicht ausgelegt zu werden müssen. Das ist die Wahrheit, die es auf jeden Fall zu erhalten heißt. Gleichnisse oder prophetische Visionen (wie in der Offenbarung) müssen ausgelegt werden. Und die Auffassungen, welche Auslegung die zutreffende ist, gehen oft auseinander. Wie oft sind sie schon von den ursprünglichen Auslegern revidiert worden, und das nicht nur einmal.
    Sich über solche Auslegungen zu streiten, wäre völlig unbiblisch: „Ein Diener des Herrn soll aber nicht streiten, sondern allen freundlich begegnen. Er sollte lehrfähig sein und sich nicht provozieren lassen, Widerspenstige aber mit Güte und Geduld zurechtweisen. Vielleicht gibt Gott ihnen ja die Möglichkeit zur Änderung ihrer Einstellung. Dann erkennen sie die Wahrheit,“
    (2. Timotheus 2:24, 25 *).

    Aber auch bezüglich Wahrheiten, die nicht auf Auslegung beruhen, darf es nicht zu unchristlichen Verhaltensweisen kommen. Wie entwürdigend wäre es, wenn es im Streit um solche Wahrheiten zu tätlichen Auseinandersetzungen käme oder zum Krieg mit Worten, die verletzen!
    „Steck dein Schwert weg!", sagte Jesus zu ihm. "Denn alle, die zum Schwert greifen, werden auch durchs Schwert umkommen.“ (Matthäus 26:52 *). „Die Frucht, die aus der Gerechtigkeit wächst, wird in Frieden ausgesät und kommt denen zugute, von denen Frieden ausgeht.
    Woher kommen denn die Kriege und Streitereien unter euch? Sind es nicht eure eigenen Begierden, die sich regelrechte Schlachten in euren Gliedern liefern?“ (Jakobus 3:18-4:1 *)
    Außerdem besteht auch bei Wahrheiten, die nicht auf Auslegung beruhen, immer die Gefahr, dass einzelne Aspekte nicht korrekt verstanden werden. Unter allen Umständen müssen Christen den gegenseitigen Respekt wahren und sollten sich nicht gegenseitig verurteilen, wenn beide Seiten „ihre“ biblischen Begründungen ins Feld führen: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn so, wie ihr über andere urteilt, werdet auch ihr einst beurteilt, und das Maß, mit dem ihr bei anderen messt, wird auch an euch angelegt werden.“, mahnte Jesus Christus (Matthäus 7:1,2 *).

    Wir sollten das Gericht in solchen Dingen dem überlassen, den der Vater, der Allmächtige, dafür eingesetzt hat: „Warum verurteilst du dann deinen Bruder? Und du, warum verachtest du ihn? Wir werden doch alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. Denn es heißt in der Schrift: "So wahr ich lebe, sagt der Herr: Alle Knie beugen sich einmal vor mir und jeder Mund bekennt sich zu Gott." Also wird jeder von uns für sich selbst vor Gott Rechenschaft abzulegen haben. Hören wir doch auf, uns gegenseitig zu verurteilen! Achten wir vielmehr darauf, dass wir unserem Bruder kein Hindernis in den Weg legen und ihn zu Fall bringen!“ (Römer 14:10-13 *).
    „Weil nicht der Vater das Urteil über die Menschen spricht, sondern der Sohn. Der Vater hat die ganze richterliche Macht dem Sohn übertragen“ (Johannes 5:22). „Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen. Und dann wird jeder den Lohn für das bekommen, was er in seinem Leben getan hat, mag es nun gut oder schlecht gewesen sein.“ (2. Korinther 5:10 *).
    Es ist also besser, das Gericht dem Sohn Gottes zu überlassen und seine eigene Verantwortung vor Gott und Christus zu tragen!

    Zurück zur „Wahrheit“: Wer im Begriff ist, das zu verwässern, was Gottes Wort unmissverständlich lehrt – ob bewusst oder unbewusst –, muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass dieses kostbare Gut rein erhalten bleiben muss. Die Wahrheit ist so wichtig, dass jeder aufrichtige Christ bereit sein sollte, Korrekturen vorzunehmen, wenn er feststellt, dass sein Glaube nicht, nicht ganz oder nicht mehr der biblischen Wahrheit entspricht. Der Apostel Paulus ist ein nachahmenswertes Vorbild für einen solchen Beschützer der Wahrheit. Als der Apostel Petrus (Kephas) aus Menschenfurcht seinen unbeschwerten Umgang mit Christen aus den Nationen (Heiden) einschränkte, verletzte er einen grundlegenden Grundsatz der christlichen Wahrheit: die Unparteilichkeit Gottes gegenüber allen Menschen. „Als ich merkte, dass sie nicht mehr den geraden Weg gingen, der zur Wahrheit des Evangeliums führt, sagte ich in aller Öffentlichkeit zu Kephas: "Wenn du als Jude wie ein Nichtjude lebst, warum zwingst du dann Nichtjuden, jüdisch zu leben?“ (Galater 2:14 *).
    Da es um die „Wahrheit“ ging, nahm Paulus keine Rücksicht auf eine möglicherweise als besonders betrachtete Stellung des Apostels Petrus. Die Achtung vor der Wahrheit ist wichtiger als jede denkbare Stellung oder Position, die ein Mensch haben könnte. Der Respekt vor dem, der sich als „die Wahrheit“ bezeichnet und der der Vertreter Jehovas, des Allmächtigen ist, erfordert es, dass die „Wahrheit“ hochgehalten wird.

    6. Die Wichtigkeit der Wahrheit
    Der Apostel Paulus unterstrich den hohen Stellenwert der Wahrheit grundsätzlich und hob ihn auf unterschiedliche Weise immer wieder hervor: „Früher gehörtet ihr zwar zur Finsternis, aber jetzt gehört ihr durch den Herrn zum Licht. Lebt nun auch als Menschen des Lichts! Ein solches Leben bringt als Frucht jede Art von Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.“ (Epheser 5:8, 9 *).
    „Wenn sich mein Kommen aber verzögert, sollst du wissen, wie man sich im Haus Gottes verhalten muss. Damit meine ich die Gemeinde des lebendigen Gottes, den Stützpfeiler und das Bollwerk der Wahrheit.“ (1. Timotheus 3:15 *).
    „Setze alles daran, dich Gott als bewährter Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, der sich für sein Tun nicht schämen muss und das Wort der Wahrheit klar und unverkürzt vertritt.“ (2. Timotheus 2:15 *).
    Durch diese Haltung war er mit seinem Herrn Jesus Christus in einer Linie. Alle christlichen Lehren müssen unbedingt der Wahrheit entsprechen, weil das Christentum sonst seinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit einbüßen würde. Das könnte dazu führen, dass ‚unser Glaube nutzlos‘ ist und wir zu den „bemitleidenswertesten aller Menschen“ gerechnet werden könnten. (Vergleiche 1. Korinther 15:17-19.)

    7. Die Wahrheit und Dogmatismus
    Zu Recht ist bis hierher hervorgehoben worden, wie wichtig es ist, die Wahrheit hochzuhalten und jede Verwässerung derselben zu vermeiden. Es gilt allerdings zu beachten, dass oftmals Lehren als „Wahrheit“ vermittelt werden, die auf einer Auslegung des Wortes Gottes beruhen. Diese Auslegungen werden von anderen Bibellesern oftmals von einer anderen Warte aus betrachtet und daher völlig unterschiedlich aufgefasst und ausgelegt. Was dann?
    Es ist zu unterscheiden zwischen klaren, nicht auszulegenden Aussagen der Bibel und solchen, die symbolisch (oftmals zugleich prophetisch) zu verstehen sind oder die auf der Auslegung von Gleichnissen oder Veranschaulichungen beruhen. Nicht ausgelegt werden müssen Aussagen wie, dass Gottes Name Jehova (Jahwe, JHWH) ist und dass er der Allmächtige ist. Ebenfalls nicht auszulegen sind Aussagen wie, Jesus Christus ist der einziggezeugte Sohn Gottes. Oder dass Jesu himmlischer Vater ihn von den Toten zu geistigem, himmlischem Leben auferweckt hat.
    Anders steht es mit der Bedeutung einiger Gleichnisse Jesu, sofern nicht der Kontext oder eine eigene Erläuterung Jesu den Sinn klärt. Oder auch die Bedeutung einzelner Visionen aus der Offenbarung, die der Apostel Johannes „in Zeichen“ vermittelt bekam (Offenbarung 1:1). Nimmt man die Aussagen solcher Gleichnisse oder Visionen buchstäblich, so ergeben sie manchmal keinen Sinn. Somit müssen sie sinnbildlich aufgefasst werden. Wenn nun das Verständnis solcher Aussagen unterschiedlich ist – was dann?
    In diesen Fällen ist Dogmatismus unbedingt zu vermeiden. Wie oft änderte jemand, der dogmatisch eine Auslegung begründete und verteidigte, später seine Auslegung! Und wie furchtbar, wenn jemand als „abtrünnig“ eingestuft wurde, weil er irgendeiner solcher dogmatischen Auslegungen nicht folgte. Wie bereits erwähnt, warnte Jesus in der Bergpredigt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! 2 Denn so, wie ihr über andere urteilt, werdet auch ihr einst beurteilt, und das Maß, mit dem ihr bei anderen messt, wird auch an euch angelegt werden.“ (Matthäus 7:1, 2 *)
    Dieser Maßstab muss auch dann berücksichtigt werden, wenn es darum geht, wie jemand anzusehen ist, der Auslegungen der Heiligen Schrift nicht oder nicht ganz folgt. In seinen beiden Briefen an die Korinther Christen brachte der Apostel Paulus genau dieses Verständnis zum Ausdruck, als er schrieb: „Das habe ich auf mich bezogen, Brüder, und auf Apollos. An unserem Beispiel sollt ihr lernen, nicht über das hinauszugehen, was in der Schrift steht. Dann werdet ihr euch nicht für den einen auf Kosten eines anderen wichtigmachen.“ (1. Korinther 4:6 *)
    „Wir sind nicht Herren über euren Glauben, sondern Helfer zu eurer Freude, denn im Glauben steht ihr ja fest.“ (2. Korinther 1:24 *)
    Wenn es also nicht um klare, eindeutige, nicht auszulegende Aussagen der Bibel geht, darf keine dogmatische Lehre vermittelt werden. Sind die Aussagen der Bibel bzw. die Aussagen Jesu Christi – der „Wahrheit“ – dagegen klar und unmissverständlich, sollten wir dafür nachdrücklich eintreten, auch wenn das im Einzelfall persönliche Nachteile nach sich ziehen mag. Auf diese Weise bringt man wirklichen Respekt vor der „Wahrheit“ aus Gottes Wort zum Ausdruck. Und nicht nur davor, sondern auch vor dem persönlichen Glauben eines Mitchristen, der durch seinen eigenen Glauben steht und ihn vor seinem himmlischen Richter verantworten muss.

    8. Wahrheit und Einheit
    Der gleiche Respekt vor Gott erfordert es auch, der Wahrheit im Verhältnis zur Einheit in der Christenversammlung den richtigen Stellenwert beizumessen. Gemäß Jesu Gebet hat auch die Einheit einen hohen Stellenwert: „Ich bitte aber nicht nur für sie, sondern auch für die Menschen, die durch ihr Wort an mich glauben werden. Ich bete, dass sie alle eins sind, und zwar so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen die Herrlichkeit geschenkt, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie wir eins sind – ich in ihnen und du in mir, damit sie die vollkommene Einheit gewinnen und damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, so wie ich von dir geliebt bin.“ (Johannes 17:20-23 *)
    Nicht übersehen werden darf allerdings, dass Jesus unmittelbar vor diesen Worten in seinem Gebet die bereits zitierten Worte äußerte: „Mach sie durch die Wahrheit zu Menschen, die ganz für dich da sind! Dein Wort ist Wahrheit. So wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und für sie gebe ich mich dir hin, damit auch sie durch die Wahrheit dir hingegeben sind.“ (Johannes 17:17-19 *)
    Wenn Jesus in diesem Gebet sowohl von der Notwendigkeit der „Wahrheit“ als auch von der Wichtigkeit der „Einheit“ spricht, so kann er damit niemals gemeint haben, dass Einheit zu Lasten der Wahrheit toleriert werden könne. Ansonsten würde er eine Handlungsweise gutheißen, die er an anderer Stelle scharf verurteilt: „Euer Vater ist nämlich der Teufel, und ihr wollt das tun, was euer Vater will. Er war von Anfang an ein Mörder und hat die Wahrheit immer gehasst, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er lügt, entspricht das seinem ureigensten Wesen. Er ist der Lügner schlechthin und der Vater jeder Lüge. Und gerade weil ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht.“ (Johannes 8:44, 45 *)

    Die Einheit der Christenversammlung ist wichtig: „Bemüht euch sehr darum, die Einheit, die der Geist Gottes gewirkt hat, im Verbund des Friedens zu bewahren. Ihr seid ja ein Leib; in euch lebt der eine Geist; und ihr habt die eine Hoffnung bei eurer Berufung bekommen. Ihr habt nur einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe. Und über allen ist der eine Gott, der Vater von allen, der durch alle und in allen wirkt.“ (Epheser 4:3-6 *)
    Aber wie diese Verse zeigen, muss die Einheit unter anderem auf dem einen Glauben beruhen. Dieser Glaube wiederum muss auf Wahrheit gründen, weil er sonst falsch und daher nutzlos wäre. Einheit sollte nicht auf Kosten der Wahrheit erzielt werden. Und wie oben gezeigt sollte Dogmatismus vermieden werden – eine weitere Gefahr für wirkliche christliche Einheit.
    Der Apostel Paulus war sich sehr wohl bewusst, dass es nicht immer einfach ist, der Wahrheit die ihr gebührende Geltung zu verschaffen: „Bin ich jetzt euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit vorhalte?“ fragte er Christen in Galatien (Galater 4:16 *)
    Aber er war nicht feige. Wenn ihn auch einige als Feind betrachten mochten, schätzte er den Wert der Wahrheit doch immer hoch ein. Er hatte die gleiche Haltung wie die anderen Apostel: „So brachten sie die Apostel herbei und stellten sie vor den Hohen Rat. Der Hohe Priester begann das Verhör: "Haben wir euch nicht ausdrücklich verboten, im Namen dieses Mannes aufzutreten und zu lehren? Und ihr, ihr habt ganz Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt und wollt uns für den Tod dieses Menschen verantwortlich machen." Doch Petrus und die anderen Apostel entgegneten: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apostelgeschichte 5:27-29 *)
    Pilatus‘ zynischer Frage „Was ist Wahrheit?“ ging die bedeutsame Aussage Jesu voraus: „Also bist du doch ein König", sagte Pilatus. "Du hast Recht", erwiderte Jesus, "ich bin ein König, ich bin dazu geboren. Und ich bin in die Welt gekommen, um für die Wahrheit einzustehen. Wem es um die Wahrheit geht, der hört auf mich.“ (Johannes 18:37 *) Fassen wir also den festen Entschluss, auf Jesu Stimme zu hören, um dadurch die Grundlage dafür zu legen, den Vater „mit Wahrheit“ anzubeten.

    9. Zusammenfassung
    Der Herr Jesus Christus sagte, dass der Vater solche als seine Anbeter sucht, die ihn „mit Geist und Wahrheit“ anbeten. Da wir unserem himmlischen Vater gefallen möchten, wollen wir diesen Anforderungen entsprechen. In diesem Artikel haben wir uns zunächst mit dem zweiten dieser beiden Voraussetzungen auseinandergesetzt – ihn „mit Wahrheit“ anzubeten.

    • Wie wir gesehen haben, ist es dafür notwendig, die Bibel – Gottes Wort – als „Wahrheit“ anzuerkennen und unseren Glauben auf die Bibel stützen.
    • Der Vater fordert uns auf, auf seinen Sohn zu „hören“, der über sich sagte, er sei „die Wahrheit“ und dass jemand nur „durch“ ihn zum Vater kommen kann. Daraus ergibt sich, dass alles, was wir glauben, mit den Lehren Jesu Christi im Einklang sein muss. Wir müssen bereit sein, diesen Abgleich mit den Lehren Jesu immer wieder vorzunehmen und nötige Korrekturen bereitwillig vorzunehmen.
    • Wenn wir auf diese Weise unseren Glauben auf die Wahrheit gründen, werden wir „frei“ gemacht von Unsicherheit, Furcht und Irrtum.
    • Gehen wir „nicht über das hinaus, was geschrieben steht“ und beurteilen wir nicht den Glauben eines Mitchristen. Das entspricht dem Geist der Worte Jesu, einander nicht zu „richten“.
    • Da wir „Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen“, müssen wir entschlossen sein, allem zu widerstehen, was der Wahrheit entgegensteht. Dazu können auch Menschen zählen, die eine besondere Stellung oder Position innehaben, sich aber der Wahrheit entgegenstellen. Auch der Wunsch, die „Einheit“ zu bewahren berechtigt nicht dazu, die Wahrheit hintenanzustellen. Gleichzeitig ist es aber notwendig, Dogmatismus und Rechthaberei zu vermeiden.

    Ein Aspekt, den man nicht unterbewerten sollte, ist die Gewöhnung. Oft ist es so, dass angestellte Überlegungen einleuchtend erscheinen und man auch entschlossen ist, sie im persönlichen Glauben umzusetzen. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr können diese Überlegungen jedoch zur Selbstverständlichkeit werden und sie sind einem nicht mehr so gegenwärtig wie anfangs.
    In der Tagesroutine können diese Gedanken so sehr in den Hintergrund rücken, dass man leicht wieder „in alte Bahnen“ zurückkehrt. Was anfangs klar und einleuchtend erschien, verblasst wieder. Wenn man nicht aufpasst, können organisatorische Vorgaben im Glauben oder andere Dinge das Bewusstsein für die Wichtigkeit der „Wahrheit“ in den Hintergrund treten lassen. Beherzigen wir deshalb die Worte des Apostels Paulus: „Fragt euch doch einmal selbst, ob ihr im Glauben steht, und prüft euch! Erfahrt ihr dann nicht an euch selbst, dass Christus in euch ist? Wenn nicht, dann hättet ihr euch nicht bewährt.“ (2. Korinther 13:5 *)

    Schätzen wir die „Wahrheit“, von der Jesus Christus sprach, hoch ein und beten wir unseren Vater im Himmel „in“ dieser Wahrheit an. Dann dürfen wir zuversichtlich sein, dass dem Vater unsere Anbetung angenehm ist, ja dass er uns dann wirklich „sucht“.

    Autor: V.J.Blockhaus

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